Die Honigbiene - einst von Goethe belächelt - gilt heute als drittwichtigstes Nutztier

Die Anpassung von Biene und Blüte

Die Artenvielfalt der Bienen bildete sich über einen Zeitraum von mehr als 100 Millionen Jahren aus. In der Kreidezeit, einem Erdzeitalter vor 144 – 65 Millionen Jahren, entstanden die ersten Blütenpflanzen. Etwa vor 100 Millionen Jahren haben Bienen die Bestäubung vieler Pflanzen übernommen. Sowohl Bienen als auch Pflanzen haben sich im Laufe dieser Zeit zum gegenseitigen Vorteil im Rahmen der Ko-Evolution verändert. Die Blütenpflanzen boten den Bestäubern mit der Zeit neben dem Blütenstaub, der anfangs wohl die einzige Nahrung der Bienen darstellte, zunehmend süße Säfte aus Nektarien an, die die Bienen als Belohnung der verrichteten Tätigkeit erhielten. Durch den gezielten Transport des Pollens konnten die Pflanzen die Produktion des Blütenstaubes verringern und damit deren Stickstoffbedarf reduzieren. Blütenpflanzen locken ihre Bestäuber nach wie vor durch optische und chemische Reize an – die Bienen haben ihre Sinne darauf geschärft, indem sie Farben und Formen sowie den Duft der Blüten wahrnehmen können. Die Bienen ihrerseits passten ihr Haarkleid speziell dem Pollentransport an und entwickelten einen langen Rüssel, der es ihnen ermöglicht, an die tief im Blütenboden befindlichen Nektarien zu gelangen.

Revolutionäres Wissen Ende des 18. Jahrhunderts!

Dieses heute allgemeingültige Wissen war Ende des 18. Jahrhunderts revolutionär. Christian Konrad Sprengel (1750-1816) beobachtete, anders als die meisten Bienenforscher seiner Zeit, nicht deren Biologie sondern den Blütenbesuch der Insekten und kam zu völlig neuen Erkenntnissen.

Das Zusammenspiel von Biene und Blüte

Er wies nach, dass „die Farben der Blütenkrone und die mannigfaltige Bildung der Blumen sich auf die Insekten beziehen und letztlich auf die Bestäubung und Vermehrung der Pflanzen hinzielen…“. Sprengels Auslegungen wurden von den Gelehrten seiner Zeit, so auch von Goethe, kritisiert und belächelt. Es schien ausgeschlossen, dass ein so kleines Insekt eine derart wichtige Rolle in der Natur spielen sollte. Mittlerweile ist man sich mehr denn je dieser enormen Bedeutung der Honigbiene für das Ökosystem und den Menschen bewusst und klassifiziert die Biene nach Rind und Schwein als drittwichtigstes Nutztier ein.


Die Biene in der Mythologie

Die Honigbiene als Krönung der Schöpfung

Die Fülle der prähistorischen, mythologischen, religiösen, kulturellen und geschichtlichen Spuren der Bienen und ihrer Erzeugnisse ist unermesslich. Die Menschen empfanden die Honigbiene stets als Krönung der Schöpfung und ihr Summen als Loblied der Natur. So beschreibt eine ägyptische Legende aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. „…auch der Sonnengott Re weinte. Tränen flossen von seinem Auge zur Erde. Sie verwandelten sich in Bienen. Durch das Werk der Bienen entstanden Blumen und Bäume. Das ist der Ursprung des Wachses und des Honigs aus den Tränen des Gottes Re.“

Bienenwachs galt als heilig

Auch in der christlichen Kirche wird der Biene sowie deren Erzeugnisse Honig und Wachs eine besondere Bedeutung beigemessen. Die Legende besagt: „Als Christus ans Kreuz geschlagen wurde, tropfte sein Blut auf die Erde; angelockt durch die Süße der roten Tropfen flogen Bienen herbei und sammelten das Blut Christi ein.“ So wird Honig zum Symbolträger des Blutes Christi und der Heiligen Schrift. Die Biene hingegen, die sich nur von Honig nährt, den sie selbst, ohne die Natur zu schädigen, sammelt, verkörpert den gläubigen Christen, der Gottes Wort in sich aufnimmt und selbstlos weitergibt. Das Bienenwachs galt als heilig, da es rein und unverderblich von der „göttlichen“ Biene hervorgebracht wird.

Die Kirche als Antrieb der Bienenzucht

So verhalf die christliche Kirche der Bienenzucht vom 5. bis ins 16. Jahrhundert zu ungewöhnlichem Aufschwung, da sie für ihre kultischen Handlungen zunehmend Bienenwachs benötigte und sogar den Gebrauch von reinen Bienenwachskerzen im Gottesdienst vorschrieb. In der Schlosskirche Wittenberg sollen zur Zeit Luthers jährlich 36.000 Pfund Wachs verbrannt worden sein. Damals verdiente ein Schreiner 24 Pfennige pro Tag; ein Pfund Fleisch kostete vier Pfennige, ein Pfund Wachs hingegen 40. Bis heute wird in dem katholischen Osterlob Exsultet der Bienen gedacht: „…nimm diese Kerze entgegen als unsere festliche Gabe! Aus dem köstlichen Wachs der Bienen bereitet…“.

Die Bedeutung der Bienenwirtschaft

Wie viel die Bienen Jahr für Jahr
Dem Menschen nutzt, ist wunderbar!

Zuerst: Sie bringt den Honigsaft,
ein Muskelfutter, Lebenskraft,
Balsam für Husten, Heiserkeit,
für Wunden, Brand, Hartleibigkeit,
Ist gut für Mutter und fürs Kind,
heilt Galle, Niere, Darm geschwind.
Und obendrein gar süß er schmeckt,
so dass das Maul ein jeder leckt
nach solcher Wundermedizin;
drum kurz und gut: Wir brauchen ihn!

Sodann das Wachs aus gelben Waben,
das wir auch äußerst nötig haben
für Handwerk und für Industrie,
für Lichte, Bohner, Büsten, Ski,
für hunderttausend wicht´ge Sachen.
Und Wachs kann nur die Biene machen.

Die Biene hilft auch der Natur;
Denn alle Pflanzen fruchten nur,
wenn ihren Stempeln in den Blüten
den Blütenstaub die Bienen bieten.
Viel Samen und viel Obstbaumfrucht
verdanken wir der Bienenzucht.

Drum widme dich der Bienenzucht -
es trägt dir reichlich gute Frucht.
Denn segensreich ist die Imkerei
sie nützt dir und dem ganzen Volk dabei!

© Bienenlob - Verfasser unbekannt